Die Charta des nachhaltigen Tourismus
Das Reisen ist ein hervorgehobenes Mittel, um das Verständnis und die Verbindung zwischen den Völkern zu fördern. Es sollte sowohl dem Reisenden, wie dem Gast-geber die Möglichkeit bieten, sich im persönlichen, kulturellen und wirtschaftlichem Bereich zu entfalten. Die hieraus gewonnenen Ressourcen sollten der gastgebenden Bevölkerung zu Gute kommen und zur nachhaltigen Entwicklung in deren Land bei-tragen.
Die Prinzipien des nachhaltigen Tourismus
Durch den Aufstieg des Massentourismus und die damit einhergehende Förderung der sogenannten „all-inklusive“ Produkte ist der Reisende häufig zum Verbraucher-Tourist degeneriert. Die Kommerzialisierung des Reisens hat zahlreiche negative Auswirkungen hervorgebracht. Hierzu gehört insbesondere, dass eine kleine Gruppe sehr mächtiger westlicher Reiseveranstalter nicht nur den Gastländern und den dort ansässigen lokalen Dienstleistern, sondern auch ihren eigenen Kunden ihre Regeln, ihre Preise und häufig auch ihre Marketingstandards aufoktroyiert haben.
Anstatt dem ursprünglichen Zweck zu dienen, es Männern und Frauen aus ver-schiedenen Kulturen zu erleichtern, einen Beitrag für eine solidarischere Welt zu leisten und der Bevölkerung im Gastland zu helfen, ihre kulturelle Identität zu be-wahren und nachhaltige Entwicklung zu fördern, ist der Tourismus im wesentlichen zu einem Instrument der Gewinnmaximierung einiger weniger privater Reiseveran-stalter verkommen. Unausweichlicher Nebeneffekt ist, dass hierdurch das Verhältnis zwischen dominanten und dominierten verstärkt und banalisiert wird und wenig Raum bleibt, der kulturellen Vielfalt und den oft fragilen Gleichgewichten von Sozial-gemeinschaften und Natur die gebotene Achtung zu erweisen.
Gefangen in diesem Kontext und unter dem ständigen Druck der aufoktroyierten Regeln und Standards liefern sich einerseits die kleinen sozialen Dienstleister einen vernichtenden Konkurrenzkampf unter sich und kommerzialisieren dadurch ihre Produkte mit bedauerlichen Konsequenzen für sie selbst und für die Umwelt (sozial, wirtschaftlich, ökologisch, kulturell), andererseits hat es die lokale Bevölkerung schwerer, den wirtschaftlichen Freiraum und die Ansprechpartner zu finden, welche es ihnen gestatten, einen Tourismus aufzubauen, der sie und ihre nationalen Eigen-arten respektiert und es ihnen gestattet in Würde zu leben.
In gebotener Würdigung dieser Umstände ist es das Hauptziel der Anhänger der hier vorgestellten Charta des nachhaltigen Tourismus, sowohl mit den Gemeinwesen und lokalen Dienstleistern des Gastlandes als auch den Reisenden zusammenzuar-beiten, um bei allen Begegnungs- und Austauschaktivitäten deren Würde und Unab-hängigkeit zu bewahren und sie dabei zu unterstützen, sich Sinn und Wert ihrer Handlungen hierbei bewusst zu machen.
Hierzu arbeiten die Anbieter des nachhaltigen Tourismus speziell mit den lokalen Dienstleistern so zusammen, dass ihre sozialen-, kulturellen- und Umweltbedin-gungen geschützt und gefördert werden und durch die entfalteten wirtschaftlichen Aktivitäten soweit wie möglich (jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten) dazu beiträgt, nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Gleichzeitig zielt der nachhaltige Tourismus darauf ab, das verantwortliche Handeln des Reisenden zu stärken und ihn insbesondere für die Prinzipien des nachhaltigen Tourismus zu sensibilisieren.
Definition des nachhaltigen Tourismus
Der nachhaltige Tourismus ist eine Gesamtheit von Aktivitäten und Dienstleistungen, welche von den Anbietern des nachhaltigen Tourismus – und in Zusammenarbeit mit den Gemeinwesen des Gastlandes - entwickelt wurde, um diese dem verantwortlich Reisenden anzubieten. Die lokalen Gemeinwesen bestimmen hier im wesentlichen Definition und Entwicklung ihrer Beiträge (insbesondere hinsichtlich notwendiger Veränderungen, Neuorientierungen oder Einstellung).
Hierdurch tragen diese auch beträchtlich zum Erhalt und Ausbau ihrer wirtschaft-lichen Basis bei (insbesondere dadurch, dass soweit wie möglich solche Vermittler und Dienstleister zurückgedrängt werden, die den Prinzipien des nachhaltigen Tourismus nicht folgen).
Die soziale, kulturelle und finanzielle Wertschöpfung aus diesen Aktivitäten soll zum großen Teil der Region zu Gute kommen und gerecht zwischen den Teilnehmern aus dem Gastland aufgeteilt werden.
Die Verpflichtungen der Anbieter des nachhaltigen Tourismus
Die verschiedenen Akteure im Bereich des nachhaltigen Tourismus – darunter insbesondere die Dienstleister, welche mit der Verkaufsförderung der Produkte betraut sind – können sich dann als wahre Anbieter des nachhaltigen Tourismus betrachten, wenn sie die nachstehenden Verpflichtungen beachten:
1/Partnerschaftlichkeit
1a/ Unter dem Ansatz des solidarischen Tourismus arbeiten die Gemeinwesen des Gastlandes, die lokalen Dienstleister und die Organe der Verkaufsförderung auf lange Sicht in Partnerschaftlichkeit zusammen. Dieses zielt darauf ab, die speziellen Stärken eines jeden Marktteilnehmers so optimal zu integrieren, dass die Schäden für die soziale Gemeinschaft und die Umwelt so klein wie möglich gehalten werden.
1b/ Die Früchte der gemeinschaftlichen Arbeit werden unter den Marktteilnehmern gerecht aufgeteilt.
2/ Konzertierte Vertragsfahren
2a/ Alle durch die Projekte der touristischen Entwicklung betroffenen Parteien (da-runter auch die Bewohner und Gemeinschaften des Gastlandes, welche nicht direkt in die Verwirklichung der in ihrem Gebiet zu realisierenden Aktivitäten eingebunden sind) finden im Projektverfahren Gehör. Dieses geschieht insbesondere auch da-durch, dass Dienstleistungs- und Lieferverträge erarbeitet und geschlossen werden, welche die fundamentalen sozialen Belange (Konvention der internationalen Org-anisation für Arbeit) sowie alle lokalen Arbeitsschutzvorschriften berücksichtigen.
2b/ Die Bildung der Preise für die Dienstleistungen – insbesondere die Vergütungen für die lokalen Dienstleister – sind Gegenstand eines fairen Verhandlungsprozesses, der insbesondere dazu dienen soll, schädliche Preiskämpfe zwischen den lokalen Dienstleistern zu vermeiden. Darüber hinaus sollen – durch angemessene Anzahlun-gen – die lokalen Dienstleister, welche nicht über ausreichende Betriebsmittel zur Deckung ihrer Vorleistungen zur Erbringung der Dienstleistungen verfügen, abge-sichert werden.
3/ Ländliche Entwickung
3a/ Die angedachten touristischen Aktivitäten sollen so geplant und durchgeführt werden, dass sie unmittelbar zur nachhaltigen Entwicklung der Gemeinschaften im Gastland beitragen.
3b/ Die aus den Tourismusaktivitäten erzielten Gewinne – insbesondere die der Organe der Verkaufsförderung – sind mehrheitlich in Aktivitäten der ländlichen Ent-wicklung unter der Leitung der Gemeinwesen des Gastlandes zu reinvestieren.
4/ Transparenz
4a/ Transparenz bei der Entscheidungsfindung, den finanziellen Transaktionen und der Rechnungslegung betreffend alle Aktivitäten ist unverzichtbares Charakteristi-kum des nachhaltigen Tourismus. Nur diese Transparenz gestattet allen teilnehmen-den Partnern auf Augenhöhe zu der weiteren Diskussion und den hieraus resultier-enden Entscheidungen beizutragen.
4b/ Diese Transparenz schließt im übrigen auch eine qualifizierte Information der Touristen vor Urlaubsantritt ein. Diese Information zielt zum einen auf Lieferung einer realistischen Beschreibung der zu erwartenden Dienstleistungen (das touristische Marketingverfahren hinsichtlich Verkaufs von Traumen ist zu verbannen), zum an-deren einer besonderen Sensibilisierung für den nachhaltigen Tourismus.
4c/ Schlussendlich soll diese generelle Transparenz die Kontrolle darüber sicher-stellen, ob und wie jeder Akteur des nachhaltigen Tourismus seine eingegangen Verpflichtungen erfüllt. Die Ausübung dieser Kontrolle ist von Personen oder In-stitutionen wahrzunehmen, welche nicht Markteilnehmer der Projekte sind.
5/ Der verantwortliche Reisende
Der Reisende, welcher sich für diese Form des Tourismus entscheidet, ist ein ver-antwortlich handelnder Verbraucher, der sich bewusst ist, welche Auswirkungen seine Haltung und sein Handeln als möglicher Entwicklungs- wie auch Destabili-sierungsfaktor auf die Bevölkerung des Gastlandes haben können. In Konsequenz akzeptiert er seine Verpflichtung, sich jeden Anspruchs und jedes Eingriffs zu ent-halten, welcher die sozialen, kulturellen und ökologischen Gleichgewichte der Ge-meinwesen des Gastlandes zu stören und durcheinanderzubringen geeignet sind oder diese in der Dynamik ihrer Eigenentwicklung konterkarieren. Insbesondere ent-hält er sich aller Spenden oder sonstigen direkten Interventionen am Ort, die nicht in Absprache und mit Zustimmung der verantwortlichen Gemeinschaften des Gast-landes abgewickelt werden.
Deshalb - und nicht zuletzt auch um unserer Region zu nützen - haben wir uns ent-schlossen, in Partnerschaftlichkeit mit unseren Nachbarn zu arbeiten. Soweit Sie bei uns keinen Platz finden, zögern Sie bitte nicht, unsere Partner und Freunde im Namen der Cuevas Andalucia zu kontaktieren.